Philippinen: eine wunderschöne Herausforderung!

Nachdem ich mich schweren Herzens nach 10 Monaten von Neuseeland verabschiedet habe, ging es für 4 Wochen auf die Philippinen. Natürlich längst nicht genügend Zeit, um die 7107 Inseln (860 bewohnt), die den fünftgrößten Inselstaat ausmachen (nach Indonesien, Madagaskar, Papua-Neuguinea und Japan), zu besuchen. Rund 105 Millionen Menschen wohnen in dem demokratischen Land und es werden 171 Sprachen gesprochen, da jede Region ihre eigene Sprache oder ihren eigenen Dialekt hat. Grundlage für das Filipino, die Amtssprache, bildet das Tagalog, welches von den Tagalen, den Tieflandbewohnern der Hauptinsel Luzon gesprochen wird. Obwohl das Land flächenmäßig sogar etwas kleiner ist als Deutschland, erstreckt sich seine Fläche auf eine Länge von 1850km und eine Breite von 1127km (im Vergleich Deutschland L 876km B 640km), wobei sich 90% der Fläche auf elf Inseln verteilt: Hauptinsel Luzon, Mindoro, Palawan, Panay, Negros, Cebu, Bohol, Leyte, Samar und Mindanao. Das Klima ist weitestgehend tropisch und bei durchschnittlich 26,5° schwitzt man sich einen ab, auch wenn man in Regenzeit zwischen Mai und November den Archipel in Südostasien besucht. Diese Fakten sollten erst einmal für eine grobe Orientierung reichen.

Insel Luzon:                 2 Nächte Manila -> ✈

Insel Palawan:             3 Nächte El Nido -> 3 Nächte Puerto Princessa -> ✈

Insel Cebu:                  1 Nacht Cebu City -> 2 Nächte Oslob -> 1 Nacht Moal Boal -> 3                                        Nächte Cebu City (ab hier ging es alleine weiter) -> 2 Nächte                                            Malapascua Island -> 🚢

Insel Bohol:                  4 Nächte Panglao Island -> 1 Nacht Siquijor Island -> 1 Nacht                                           Tagbilaran -> ✈

Insel Luzon:                  1 Nacht im Bus -> 1 Nacht Banaue -> 1 Nacht Batad -> 1 Nacht                                        Banaue -> 1 Nacht im Bus

Am 6. September habe ich mich mit meinem guten Freund Tommy aus der Heimat in Manila getroffen und er hatte 2 Wochen frei, um mich durch die Philippinen zu begleiten. Der erste Tag in der Hauptstadt war ein absoluter Kulturschock. Mit der Kutsche ging es quer durch das Stadtzentrum von Manila, um die kulturellen und architektonischen Überbleibsel von 330 Jahren spanischer Herrschaft zu bewundern.

Doch viel eindrücklicher als die alten Bauten ist die vorherrschende Armut. Ich habe noch nie so viele obdachlose Menschen gesehen. Ganze Familien schlafen in Manila am Straßenrand. Kinder kommen an und betteln. Jede Ecke wird genutzt, um ein Lager für die Nacht aufzuschlagen. Es fiel mir sehr schwer nicht in Tränen auszubrechen, wenn uns Dreck verschmierte Kleinkinder verdutzt, auf einem Stück Pappe sitzend, angesehen haben. Eine kurze Recherche hat ergeben, dass laut Global Homelessness Statistics 3,1 Millionen Menschen in Manila kein Zuhause haben und damit mehr als jede andere Stadt auf der Welt (Insgesamt leben 12,8 Millionen Menschen in der Region Manila). Gerade wenn wir zu Fuß unterwegs waren, habe ich mich nicht getraut die Kamera rauszuholen. Wir haben so schon genug Aufmerksamkeit durch die blonden Haare und die weiße Haut auf uns gezogen, aber dazu später mehr, deswegen hier 3 Bilder, die ich im Internet gefunden habe, die uns aber genauso begegnet sind:

Die philippinische Bevölkerung zählt als eine der am schnellsten wachsenden und jüngsten Asiens. Das Durchschnittsalter liegt bei gerade mal 24,3 Jahren, was vor allem daran liegt, dass sich die katholische Kirche, die einen großen Einfluss auf Politik und die philippinische Gesellschaft hat, gegen Bevölkerungskontrolle ausspricht. Außerdem ist der Schutz des Lebens Ungeborener in der Verfassung verankert und demnach erhalten die Menschen kaum Bildung hinsichtlich Schwangerschaftsverhütung. (Neben dem Vatikan sind die Philippinen auch das einzige Land, das kein Scheidungsrecht hat). Zum anderen liegt es an der vorherrschenden Armut. Fast ein Viertel der Population lebt unterhalb der Armutsgrenze und verdient im Schnitt weniger als 300€ im Jahr. Viele Familien hoffen, dass einer ihrer vielen Kinder erfolgreich wird und es schafft der Familie aus der Armut zu helfen. 2015 lag die Fertilitätsrate noch bei 3 Kindern pro Frau. Einige Inseln der Philippinen zählen somit zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Welt und die Bevölkerung wächst weiter um rund 2 Millionen Einwohner pro Jahr.

Und hier noch einige Impressionen, die ich während der Kutschfahrt aufgenommen habe (zum Vergrößern wie immer auf das Bild klicken):

Ein Tag Manila ist mit Sicherheit mehr als genug, denn viel zu sehen gibt es hier nicht. Für uns sollte es also am nächsten Tag mit dem Flugzeug zur Creme de la Creme der Philippinen gehen: El Nido!

Von Puerto Princessa sollte es mit dem Flugzeug 600 km weiter östlich nach Cebu City gehen. Hier haben wir einen Tag zum „Sightseeing“ in der Stadt verbracht. Im Nachhinein ärgere ich mich wirklich, dass ich mich nicht getraut habe, die Kamera öfter rauszuholen, um die vielen verrückten Dinge festzuhalten, die wir dort gesehen haben. Gerade wenn die Sonne hinterm Horizont verschwindet, verwandelt sich jede noch so kleine Lücke auf dem Bordstein zu einem Geschäft. Es werden verpackungslose Handys verkauft (woher die wohl kommen?), Raubkopien eines jeden Films und sämtlichen Schnickschnack, den man nicht gebrauchen könnte. An kleinen Tischen mit Schreibtischlampen werden Laptops repariert oder Schuhe genäht. Wir werden mit großen Augen angesehen, begrüßt, von Taxis angehupt, zu Ständen eingeladen oder um Geld angebettelt. Eine Geruchsmischung aus altem Frittieröl, vergammelten Müll, Autoabgasen und Urin machen die Reizüberflutung vollkommen und man ist froh, wenn man von diesem Trubel nur noch gedämpft etwas durch die Scheiben des klimatisierten Zimmers mitbekommt. Mit dem Bus, den auch die Einheimischen aus Kostengründen bevorzugen, sollte es zum 4 Stunden entfernten Oslob gehen. Großartig, wenn es einen klimatisierten Bus gibt mit viel Beinfreiheit und einen in dem man wie die Sardinen in der Büchse sitzt, ohne Aircondition und mit teilweise fehlenden Fenstern. Selbstverständlich hatten wir das Glück mit letzterem zu fahren.

An der Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass Tauchen bis zu diesem Augenblick nicht möglich war. Schon vor meiner letzten Woche in Neuseeland hatte ich mich bei meinen Mitbewohnern mit einer Erkältung angesteckt, über die Fashionweek keine Möglichkeit gehabt mich auszukurieren und danach keine Lust gehabt auf Ausruhen. Dumm! 4 Wochen hab ich die Erkältung mit mir rumgeschleppt, Tommy angesteckt und wir beide hatten zwischendurch Fieber. Dabei wollten wir doch unbedingt auf den Philippinen Tauchen gehen! Eigentor. Aber gut, ich habe meine Lektion gelernt. Nachdem Tommy wieder Richtung Heimat geflogen ist, habe ich mir zwei Tage Ruhe aufgezwängt (das mit dem Ausruhen ist irgendwie nicht so mein Ding) und mir Zeit für die weitere Reiseplanung genommen.

Am nächsten Tag sollte es mit dem Bus in den nördlichsten Zipfel von Cebu gehen, um mit dem Boot auf die Insel Malapascua überzusetzen. Und dort sollte ich nun endlich Tauchen gehen können.

Malapascua Island und der unter Tauchern berühmte Tauchspot Monad Shoal ist einer der einzigen Plätze auf der Welt, an dem man so gut wie täglich Fuchshaie aka Drescherhaie beobachten kann. Die 5-6m großen Tiere (wovon ca. die Hälfte die Schwanzflosse ist) sind für den Menschen ungefährlich und ernähren sich von kleinen Fischen, welche sie einkreisen und durch einen Schlag mit der Schwanzflosse betäuben (daher auch der Name), um sie anschließend zu verzehren. Normalerweise sind diese majestätischen Tiere in Tiefen bis zu 500m zu finden und kommen nur zum Sonnenaufgang in 20-30m tiefes Gewässer, um sich von kleinen Fischen putzen zu lassen.

Screenshots aus dem Video vom Tauchgang: http://www.pictame.com/media/1611590936897707428_2532784836

Leider kann man mit einem Open Water Diver Certificate nur bis 18m Tiefe tauchen und somit habe ich mich spontan dazu entschieden meinen Advanced Diver hier in den Philippinen zu machen (mit welchem man bis auf 30m tief tauchen darf). Die Tauchbasis Sea-Explorers Philippines hat ein unschlagbares Angebot für umgerechnet 214€. 5 Tauchgänge muss man absolvieren, um zum fortgeschrittenen Taucher zu werden. Ein Tieftauchgang auf 30m und ein Tauchgang mit Kompass sind Pflicht. Außerdem habe ich mich für Buoyancy (Austarieren – hier lernt man, wie man sich perfekt im Wasser hält, wie man rückwärts taucht, etc.), Fischidentifikation (man ordnet Fische bestimmten Gruppen zu, um sie später einfacher zu identifizieren) und einen Nachttauchgang entschieden. Gerade Letzteres hat mich total begeistert. Tauchen ist oft so eine Reizüberflutung und man weiß garnicht, wo man zuerst hinschauen soll. Beim Nachttauchgang sieht man nur, was sich im Strahl der Taschenlampe befindet, achtet somit viel mehr auf Details und sieht Kreaturen, die tagsüber schlafen.

Weiter ging es zur benachbarten Insel Bohol. 1 Stunde Warten auf das Boot, welches einen zur Fähre bringt, 45 Minuten Fährfahrt, 4 Stunden Bus, 1,5 Stunden Fähre, 2 Stunden Shuttle, 30 Minuten mit dem Tricycle (zwischendurch nochmal kurz ins Krankenhaus) und endlich kam ich auf der Halbinsel Panglao an.

An diesem Abend saß ich noch etliche Stunden mit den Filipinos zusammen und wurde über so ziemlich alles augequetscht, denn keiner der 13 hatte jemals die Möglichkeit die Philippinien zu verlassen, geschweige denn, dass sie sich ein Leben wie meines vorstellen könnten. Auch ich konnte einige meiner vielen Fragen endlich loswerden. Es stellte sich heraus, dass obwohl die Truppe im Callcenter, mit einem Abschluss und guten Englischkenntnissen schon deutlich mehr als die meisten Filipinos verdienen, trotzdem umgerechnet nur 1,75€/h Brutto verdienen. Kein Wunder, dass die wenigsten von ihnen eine eigene Wohnung haben und bei ihren Eltern wohnen, wie es auf den Philippinen nicht nur aus finanziellen Gründen üblich ist, sondern auch weil die Kinder hier ihre Eltern pflegen im höheren Alter. Geld für Altenpflege oder medizinische Versorgung gibt es nicht. Trotz all dieser, für uns unvorstellbarer Umstände, war die Truppe super gut drauf und hat alles mit mir geteilt.

 

Am selben Abend sollte es mit der Fähre schon wieder zurück nach Tagbilaran gehen, da ich am nächsten Tag nach Manila flog, um im Anschluss in den Norden der Hauptinsel Luzon zu fahren. In Manila hatte ich vier Stunden, um vom Flughafen zum Nachtbus zu kommen und diese 4 Stunden sollten eine ganz schöne Herausforderung werden. Ich stieg in das Taxi, um mich zu dem Hotel bringen zu lassen, in dem Tommy und ich die erste Nacht geschlafen hatten, da ich dort einige meiner Sachen zwischengelagert hatte. Der Verkehr war eine absolute Katastrophe, das Taximeter stieg und stieg und ich bekam Panik, dass ich meinen Bus nicht mehr kriege und mein ganzes Geld für das Taxi ausgeben müssen würde. Ich hatte dem Fahrer von meinem Low-Budget-Reisestil erzählt….ein Fehler. Er bot mir mehrfach an, dass ich ihn auch auf andere Art und Weise bezahlen kann, eine Situation, in die ich gehofft hatte, niemals zu kommen. Aber es ist zum Glück nichts passiert und nach sehr unangenehmen 45 Minuten kam ich ziemlich fertig mit den Nerven am Hotel an. Dort hat man Gott sei Dank nicht auf die weitere (teure) Übernachtung gepocht, die ich versprochen hatte, um mein Gepäck zwischenzulagern und weiter ging es mit 35 Kilo Gepäck bepackt, um ein Motorrad-Taxi zu finden. Doch solche gibt es in der Gegend nicht und ein normales Taxi hätte es nicht mehr pünktlich zum (bereits bezahlten) Bus geschafft. Ein junges Pärchen hielt mit dem Tricycle und bot mir sofort Hilfe an. Die junge Frau hat gefragt, was ich denn alleine in so einer Gegend an einem Freitagabend mit meinem ganzen Gepäck mache. Sie hat gesagt, dass ich es niemals bei dem Verkehr zum Bus schaffe, doch es gäbe einen Zug. Das Pärchen hat mich also zu der nächsten Haltestelle gebracht und dafür gesorgt, dass ich sicher in den richtigen Zug komme. Als ich aus dem völlig überfüllten Zug (in den die Leute rein gedrückt wurden) ausstieg, stellte ich fest, dass es noch 2,5 km bis zum Bus sind, welcher in 35 Minuten abfahren sollte. Ich entschied mich zu laufen, da ich noch Geld abheben musste, essen und trinken brauchte und ansonsten nicht pünktlich angekommen wäre. Beladen wie ein Esel bin ich also bei 30° durch die Stadt gelaufen, hatte mehrfach das Gefühl gleich zusammen zu brechen und war komplett dehydriert. Doch Aufgeben war keine Option, erst recht nicht, wenn man alleine ist. Sich selbst gut zureden und seinen inneren Coach aktivieren hat geholfen und ich hab es gerade so noch pünktlich zum Bus geschafft. Reisen kann manchmal echt tricky sein, vor allem, wenn man in solchen Situationen alleine klarkommen muss.

12 Stunden fuhren wir durch die Nacht und als ich zum Sonnenaufgang in den Bergen von Banaue aufgewacht bin, war der ganze Stress vom Vortag wie weggeblasen. Die Ifugao Gegend ist so ganz anders, als alles, was ich bisher gesehen habe und wunder wunderschön.

4 Wochen Philippinen sind rum und ich muss sagen, es war eine sehr intensive Zeit im Positiven, wie auch im Negativen. Ich habe mich sehr schwer getan diesen Eintrag zu schreiben, weil mit dem Land so viele Emotionen verbunden sind. Ich habe so viel Armut, wie noch nie zuvor gesehen und mir schnürt es nach wie vor die Kehle zu, wenn ich daran denke. Es wurde mir wieder einmal vor Augen geführt, wie unendlich gut es uns geht und wie privilegiert wir sind, aus einem Land wie Deutschland zu kommen.  Außerdem war es das erste mal für mich ganz alleine zu reisen. Eine Erfahrung, an der ich definitiv wachsen konnte und froh bin gemacht zu haben. Aber ich habe auch festgestellt, dass es nicht wirklich mein Ding ist. Ein Ort kann noch so schön sein, aber wenn du es mit Niemandem teilen kannst ist es einfach nicht das Selbe. Die Filipinos sind sehr nett, hilfsbereit und ich habe viele neue Freunde gefunden, denn wenn man alleine ist, sucht man viel mehr den Kontakt zu anderen Menschen, als in Begleitschaft. Doch leider ist man mit heller Haut und blonden Haaren absoluter Exot auf den Philippinen. Gerade wenn man in Gegenden kommt, wo nicht so viele Touristen sind (& das sind die Orte wo ich mich am liebsten herum treibe) wird man von jedem angeschaut und die Leute wollen Fotos von/mit dir aufnehmen. Es gab Situationen in denen ich mich nicht mal getraut habe baden zu gehen, weil alles geschaut hat und über mich gesprochen wurde. Das Gefühl wenn du in ein Restaurant kommst, die Aufmerksamkeit von jedem bekommst und angefangen wird zu tuscheln, ist wirklich bedrückend. Dahinter steckt natürlich keine böse Absicht. Aber in solchen Momenten wäre es gut gewesen jemanden zu haben, mit dem man darüber lachen kann. Auch wenn ich es irgendwie gemeistert habe, freut mich wirklich, dass diese Zeiten wieder vorbei sind.

Die Philippinen sind so schön und vielseitig, was hoffentlich mit diesem Eintrag deutlich wurde. Mein Kopf war kurz vorm Platzen vor lauter Eindrücken und Bildern von wunder schönsten Orten, seltenen Tieren und kulturellen Erlebnissen. Zeit um sich ein bisschen Erholung vom Reise-„Stress“ zu gönnen, werde ich auf Bali wohl hoffentlich finden. Dazu aber im nächsten Eintrag mehr. Bis dahin, haltet die Ohren steif.

Liebste Grüße,

Eure Gina