Winter is coming

Die Sonne scheint, es ist immer noch recht warm, doch die Bäume schmücken sich nun mit warmen Farben und entledigen sich allmählich ihrer Kleider. Ab 17 Uhr spätestens ist es Zeit für den ersten dicken Pulli und eine halbe Stunde später sagt auch schon die Sonne Adieu. Seit dem 2. April befindet sich Neuseeland in der Winterzeit und die Zeitverschiebung zu Deutschland beträgt nicht mehr 12 Stunden, sondern nur noch 10.

Nach der Arbeit fahren Linda und ich meistens zu unserem Lieblingsplatz am Meer, 2 km außerhalb von Thames, um den Tag ausklingen zu lassen, noch ein paar Sonnenstrahlen zu erhaschen und der Sonne bei ihrer letzten Vorstellung zuzusehen. Café Melbourne beschäftigt Linda nach wie vor und die Gute ist mittlerweile ein s.g. Barista geworden. Sowohl in Australien, wie auch in Neuseeland ist es üblich diese Ausbildung zum Kaffee-Profi zu absolvieren, bevor man eine Kaffeemaschine bedienen darf. Der hohe Standard des Cafés gefällt uns beiden sehr gut und ich verbringe gerne dort die Zeit nach der Arbeit und profitiere vom beste-Freunde-Discount.

Ich weiß es mag komisch für Manchen klingen, aber der Housekeeping-Job im Tuscany Motel bereitet mir sehr viel Freude und die Möglichkeit abzuschalten. Ich genieße es mit Hörspiel in den Ohren perfekte Ecken in die Bettlaken zu falten, die Goodies, wie Shampoo, Seife, Tee, Kaffee, etc. zu arrangieren und die Spiegel zu polieren. Eine rein physische Arbeit, die ich aller 2-3 Tage routiniert in ungefähr 3 Zimmern ausführe, um anschließend mit meinen Arbeitgebern beim liebevoll angerichteten Lunch noch ein wenig zu plaudern.

Im Auftrag des lokalen Radiosenders Coromandel More FM führen Linda und ich nebenbei Kundenumfragen durch, helfen bei Werbeaktionen mit, begleiten die Salesmanager oder besetzten einfach nur die Rezeption, wenn niemand da ist. Der Job ist sehr gut bezahlt und es ist interessant mal hinter die Kulissen eines Radiosenders zu schauen.

Diese zwei Gelegenheitsjobs ermöglichen es auf jeden Fall die Lebenshaltungskosten von ungefähr $150/Woche zu decken. Priorität haben jedoch die Modeljobs in Auckland. Leider ist es kein regelmäßiges Einkommen, mit dem man fest rechnen kann. Die anderthalbstündige Fahrt nach Auckland hat sich dennoch schon mehrfach gelohnt und ich konnte einige Castings für mich entscheiden. Dieser Job ist so abwechslungsreich und ich finde es herrlich immer wieder in neue Situationen rein geworfen zu werden und mit einem neuen Team zusammen zu arbeiten. An manchen Tagen ist es total relaxed und ich habe viel Zeit zwischendurch zum Entspannen. An anderen Tagen wird acht Stunden durchgearbeitet und du bist froh wenn du deine 10 Minuten zwischendurch hast, um dir was vom Catering reinzustopfen, während du gleichzeitig die Haare gemacht bekommst. Gerade wenn Fotos für den Onlineshop erstellt werden müssen, sind die Tage oft sehr lang, unendlich viele Teile, die fotografiert werden und die selben Posen all day long. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie gemogelt wird, die Sachen abgesteckt werden oder du für das vorher/nachher Foto dein Gesicht fleckig gerubbelt bekommst, damit der Unterschied möglichst groß ist. Da ich mit 23 schon zu den etwas „älteren“ Models zähle, werde ich hauptsächlich für Frauenrollen gebucht, wie Hochzeitskleider oder Kollektionen, die eher unserer Elterngeneration entsprechen. Leider ist es komplett normal, dass man keine Fotos von den Shootings bekommt, wenn man bei einer Agentur unter Vertrag ist. Dennoch hier ein paar wenige Impressionen:

Aber nun genug von der Arbeit. In den zweieinhalb Monaten, die wir in Thames verbracht haben, haben wir weiterhin bei Roger, seiner Tochter Brooke und den zwei Enkeln Khaleesi und Sienna gewohnt.

Trotzdem, dass das Wetter in der Waikato-Region weitestgehend gut ist, suchten uns zwischendurch heftige Regenfälle heim. Die Straßen wurden überschwemmt, Menschen wurden teilweise evakuiert, bei uns fiel Strom und Wasser aus, aber die angekündigten Zyklone blieben bislang Gott sei Dank fern.

Unsere Freizeit nutzen wir bevorzugt, um die Gegend um Thames zu erkunden und haben uns total in das, fast neongrüne Gras der Wiesen und Hänge verliebt.

Nachdem ich in den vergangenen Monaten beide Inseln schon weitestgehend erkundet hatte, fehlte jedoch noch ein ganz wichtiger Berg. Mount Taranaki. Der 2518 m hohe, fast perfekt symmetrische Vulkan liegt ganz im Westen der Nordinsel Neuseelands. Aufgrund des sehr wechselhaften Wetters und die zum Teil unerfahrenen Bergsteiger erreicht der Berg leider die höchste Todesrate auf allen neuseeländischen Bergen. Gutes Timing und eine entsprechende Ausrüstung war also Voraussetzung. Wir haben zwar den perfekten Tag wettertechnisch abgepasst, doch leider sind wir ein bisschen zu spät losgegangen und hatten vom Abstieg grade mal ein Drittel geschafft, da wurde es schon finster. Doch mit genügend Klamotten, Essen, Wasser und Stirnlampe im Gepäck war es auch nicht so schlimm, dass wir insgesamt 12 Stunden für den Track gebraucht haben. Wir haben uns viel Zeit gelassen, da man in den gerade mal 6,3 km (one way) 1600 Höhenmeter zurücklegt, über Geröllfelder läuft (heißt zwei Schritt vor und einen wieder zurück) und die letzte Stunde zum Gipfel klettern muss. Aber es lohnt sich sooooooo sehr, wie ihr gleich sehen werdet:

Nach der Zeit bei Rogers durften wir noch eine Woche bei Sharon im lokalen Pub wohnen. Wir haben ihr hier und da unter die Arme gegriffen und uns riesig über die Bekanntschaft der Dorfjugend gefreut. Endlich mal ein bisschen Rambazamba! Zur wöchentlichen Billard-Competition sollten wir hinter der Bar stehen. Da mir die Getränke weitestgehend unbekannt waren und ich noch nie hinter der Bar stand, war das Ganze ein sehr amüsantes Unterfangen und ich durfte mir von den Stammgästen erklären lassen, wo ich was finde. Diese waren jedoch alle sehr gut drauf und jegliche Seriosität war durch das Kleidermotto „Gangster“ eh dahin:

Nach den zweieinhalb Monaten in Thames war es Zeit weiterzuziehen und bevor es runter auf die Südinsel zur Skisession gehen sollte, wollten wir nochmal einen Abstecher ins Warme machen. Aus Kostengründen haben wir uns für Fiji entschieden, doch zu diesen traumhaften zwei Wochen, möchte ich mich im nächsten Blogeintrag äußern.

In diesem Sinne, bis dahin!